Martin Schulz fordert Veränderungen innerhalb der Europäischen Union

Der Präsident des Europäischen Parlaments sprach im Bonner Posttower

Auf Einladung der Europäischen Akademie Nordrhein-Westfalen und des Kreisverbandes Bonn / Rhein-Sieg der Europa-Union sprach am 17.01.2014 der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, im Bonn Posttower zum Thema „Europa vor der Wahl – quo vadis EU?“

Martin SchulzBegrüßt durch den Kreisvorsitzenden der Europa-Union, Axel Voss MdEP, betonte Schulz einleitend in seinem rund einstündigen freien Vortrag, dass sich die EU ändern müsste. Die Bürgerinnen und Bürger stünden zwar mehrheitlich nicht skeptisch der europäischen Integrationsidee gegenüber, zeigten sich aber verstärkt kritisch bis ablehnend gegenüber der Europäischen Union, ihrer Struktur sowie der fehlenden Transparenz der europäischen Politik.

Martin Schulz bemängelte zunächst vor allem, dass sich in der Zeit der Krise der Europäische Rat, also das Treffen der Staats- und Regierungschefs, zu einer europäischen Regierung entwickelt habe. Dies sei im Sinne einer Vergemeinschaftung von Politik nicht richtig. Dafür bedürfe es vielmehr einer vom Europäischen Parlament legitimierten europäischen Exekutive.

Hart ins Gericht ging Schulz auch mit der Europäischen Kommission unter Jose Manuel Barroso. Vertreten durch die Kommission müsse Brüssel nicht die Regelung jeder politischen Frage an sich reißen. Vielmehr stünde es an, das Subsidiaritätsprinzip greifen zu lassen, also die Entscheidungen über politische Fragen wieder dort zu treffen, wo sie wegen ihrer Gründe und Auswirkungen am ehesten getroffen werden könnten, national, regional oder durchaus auch lokal.

Martin Schulz, der nach der kommenden Wahl zum Europäischen Parlament Präsident der Europäischen Kommission werden will, beklagte auch, dass derzeit die Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament zu wenig rechenschaftspflichtig sei. Das EP könne zwar die Kommissare vor das Parlament zitieren, nicht aber die Generaldirektoren als die eigentlichen Leiter des riesigen Verwaltungsapparats der Kommission.

Auch die zahlenmäßige Größe der Kommission – derzeit 28 Kommissare – fand Schulz überdenkenswert. Zum Nachdenken müsste auch anregen, dass mit der Kommission derzeit die europäische Exekutive das alleinige gesetzgeberische Initiativrecht besitze.

Schulz redete in seinem Vortrag der Überzeugung das Wort, dass der Präsident der Europäischen Kommission – auch um einer starken Position gegenüber den Staats- und Regierungschefs willen – vom Europäischen Parlament gewählt werden müsste. Dafür müssten auch die Wahlen zum Europäischen Parlament personalisiert werden. Es wäre gut, wenn die europäischen Parteien mit jeweils einer Person an der Spitze in den Wahlkampf gingen, die bei ausreichendem Wahlerfolg dann auch Kommissionspräsident werden wollten. Er ginge davon aus, so Schulz weiter, dass die Christdemokraten Jean-Claude Juncker zum Spitzen und somit seinem Gegenkandidaten benennen würden. Auf eine streitbare Auseinandersetzung mit Juncker im Wahlkampf freue er sich.

Der Vortrag von Martin Schulz sowie die anschließende Diskussion unter der Moderation von Kai Pfundt vom Bonner General-Anzeiger wurden zum Schluss nicht nur von Richard Stock, dem Vorsitzenden der Europäischen Akademie Nordrhein-Westfalen mit Dank quittiert, sondern fanden auch langanhaltenden Applaus der rund 300 Zuhörerinnen und Zuhörer.

Die Erwartungen der Veranstalter wurden nach Äußerungen des Leiters der Europäischen Akademie, Hanns Christhard Eichhorst , mehr als erfüllt. Man habe sich noch vor Beginn des eigentlichen Europawahlkampfes von Schulz Denkanstöße zur weiteren Entwicklung der Europäischen Union erhofft. Diese Erwartungen habe Schulz mehr als erfüllt und den verantwortlichen Politikern in der EU umfangreiche Handlungsnotwendigkeiten aufgezeigt.

Lesen Sie hierzu auch den Bericht des Bonner General Anzeiger.